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Leiharbeit – Studie des Bundesarbeitsministeriums bestätigt schlechten Ruf der Leiharbeit

Laut Statistik waren zuletzt (2016) 737.000 ArbeitnehmerInnen bei Leiharbeitsunternehmen beschäftigt. Zusammen mit befristet und geringfügig Beschäftigten sowie Teilzeitbeschäftigten stellen sie die atypisch Beschäftigten dar. Insgesamt waren das 2016 7,7 Millionen, 30% der „Normalarbeitnehmer“.

Eine Studie im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums[1] hat die Arbeitssituation in der Leiharbeit genauer untersucht – mit folgenden Ergebnissen:

  • In fast zwei Drittel der Fälle erfolgte die Arbeitsaufnahme bei einem Leiharbeitsunternehmen aus der Arbeitslosigkeit heraus. Weitere 20% der Beschäftigten wollten damit eine drohende Arbeitslosigkeit vermeiden.
  • Die Fluktuation in der Leiharbeitsbranche ist deutlich höher als in anderen Wirtschaftszweigen. Hauptgrund für die Beendigung der Beschäftigung ist die Kündigung durch das Leiharbeitsunternehmen. Eigenkündigungen sind in gut einem Drittel der Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Etwa die Hälfte der Leiharbeitsfirmen verleihen für geringqualifizierte Tätigkeiten („Helfergeschäft“).
  • Der Anteil befristeter Arbeitsverträge ist vergleichsweise hoch.
  • Dies führt dazu, dass die Beschäftigungsdauer bei Leiharbeitsfirmen deutlich kürzer ist als in anderen Wirtschaftszweigen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis: In jedem Fall ist „bei einer Überlassungsdauer über 18 Monate eine höhere Arbeitszufriedenheit und -qualität bei Zeitarbeitnehmern/-innen (zu) beobachten … als bei geringeren Überlassungsdauern“ (S. 155).
  • Auch nach Einführung des Mindestlohns ist die Entlohnung überwiegend deutlich geringer als beim Stammpersonal mit vergleichbarer Qualifikation.
  • Die hohe Bedeutung des Verleihs von Geringqualifizierten bewirkt, dass Fort- und Weiterbildung praktisch nicht stattfindet. Allenfalls werden kurze Qualifizierungen mit unmittelbarem Nutzen für den Verleiher durchgeführt (z.B. Stapler- oder Schweißerschein). Nur ca. ein Viertel der Leiharbeitsfirmen hat ein Interesse an der Weiterbildung der Beschäftigten, während es in der Gesamtwirtschaft ca. zwei Drittel sind. Demgegenüber haben die Entleihbetriebe ein deutlich höheres Interesse an der Weiterbildung der entliehenen Arbeitskräfte. Auch empfinden die Leiharbeiter in den Entleihbetrieben eine höhere Anerkennung ihrer Arbeit als im Verleihbetrieb (S. 88f.).
  • Das spiegelt sich auch in der Wertschätzung des Arbeitsverhältnisses wider: Im Durchschnitt aller Betrieben hat der Betrieb bzw. die Zugehörigkeit zum Betrieb für ca. 70% der Beschäftigten eine hohe Bedeutung; Beschäftigte in Leiharbeitsbetrieben haben dagegen nur zu knapp einem Viertel diesen Eindruck.

Natürlich gibt es in der Leiharbeitsbranche Versuche, das vorwiegend negative Bild aufzubessern. Solche Maßnahmen sind aber vor allem bei höher qualifizierten Leihar-beitnehmerInnen anzutreffen.

Die Studie unterstreicht eine Erfahrung, die auch EWR Consulting bei Beschäftigungsabbau bzw. Betriebsschließungen macht: Vor allem geringqualifizierte Beschäftigte finden im Anschluss an die Arbeitslosigkeit vielfach nur bei einem Leiharbeitsunternehmen eine neue Arbeitsstelle – mit all den Nachteilen, die die Studie aufgezeigt hat. In den von den Arbeitsgebern vorgelegten Nachteilsberechnungen wird dieser Aspekt zumeist ausgeklammert. Nachteile werden nur während und in der Arbeitslosigkeit gesehen und nur diese sind auszugleichen. Keine Rolle spielt dagegen in den Arbeitgeber-Berechnungen, dass sich die Nachteile auch in einer neuen Arbeit fortsetzen können, ganz besonders dann, wenn sie bei einem Leiharbeitsunternehmen aufgenommen wird.

Da es die Aufgabe eines Sozialplans ist, nachteilige Folgen unternehmerischer Maßnahmen für die betroffenen Arbeitnehmer auszugleichen, sind auch die Arbeitsbedingungen auf einem künftigen Arbeitsplatz zu beachten und in einer Nachteilsberechnung angemessen zu berücksichtigen.

EWR Consulting GmbH unterstützt Betriebsräte bei Umstrukturierungen und ermittelt im Rahmen von Sozialplanverhandlungen die wirtschaftlichen Nachteile, die die Mitarbeiter infolge von Entlassungen erfahren.

[1] BMAS, Forschungsbericht Nr. 486 Arbeitsqualität in Zeitarbeitsverhältnissen, Juni 2017.