Das Lieferkettensorgfaltsplichtengesetz (LkSG)

Wenn bei Streiks die davon Betroffenen vor der Kamera des Fernsehens Verständnis äußern, so zeigt dies, dass die Umstände der Herstellung der Leistungen, auf die sie gerade verzichten müssen, den Konsumenten nicht gleichgültig sind. Dieses Bewusstsein für die sozialen und ökologischen Bedingungen der Produktion hat im Zuge der Globalisierung zugenommen. In der Bundesrepublik sorgen Arbeits- und Umweltrecht dafür, dass zuträgliche Arbeitsbedingungen und Umweltstandards in der Regel eingehalten werden. Darauf zu achten ist auch Aufgabe der Betriebsräte in den Unternehmen (§ 80 BetrVG). Durch Subunternehmen, Scheinselbstständigkeit, Tarifflucht sowie weitere „kreative“ Gestaltungen von Arbeitsbedingungen – z.B. bei Mindestlohnbeschäftigten – werden die Standards zwar zu unterlaufen versucht; im Großen und Ganzen kann man sich jedoch auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verlassen. Kurz – und entgegen der Aussagen der Unternehmen, wonach die Unternehmen keine Sozialeinrichtungen seien: Die Wirtschaft ist moralisch geprägt, (Gesetz gewordene) Moral ist kein marktfremdes Element. Was auch dadurch deutlich wird, dass das Outsourcing in früheren Jahren häufig durch die Nutzung der im Ausland niedrigeren Arbeits- und Umweltstandards motiviert war.

Es wird versucht, diesem Motiv mit dem LkSG einen Riegel vorzuschieben. Die großen Unternehmen werden durch das Gesetz in die Verantwortung für Arbeitsrechtsverstöße an ihren Produktionsstätten im Ausland sowie ihrer ausländischen Zulieferer genommen. Was die Unternehmen früher lieber nicht so genau wissen wollten, das müssen sie heute in Erfahrung bringen.

Das LkSG führt mögliche Verstöße auf, auf die hin die Unternehmen ihre Lieferketten zu analysieren haben und die zu beseitigen oder einzuschränken sind:

  • Kinderarbeit, einschl. Kinderprostitution und Drogenhandel
  • Sklaverei, sklavereiähnliche Praktiken, Zwangsarbeit, Leibeigenschaft
  • Missachtung des örtlich geltenden Arbeits- und Unfallschutzes
  • Missachtung der Koalitionsfreiheit, Behinderung der Gründung von Gewerkschaften oder des Beitritts zu ihnen
  • Ungleichbehandlung aufgrund nationaler oder ethnischer Abstammung, Religion oder sexueller Orientierung
  • Vorenthaltung eines am Beschäftigungsort geltenden Mindestlohns
  • Boden-, Wasser- oder Luftverschmutzung
  • Herstellung, Lagerung, Entsorgung, Aus- und Einfuhr verbotener Chemikalien oder gefährlicher Abfälle
  • Widerrechtliche Zwangsräumungen und Entzug von Land
  • Einsatz privater Sicherheitskräfte, Folter

Die Lieferkette beginnt bei der Gewinnung der Rohstoffe und endet beim Endkunden. Die Verantwortlichkeit der Unternehmen hängt ab von der „Länge“ der Lieferkette. § 2, Abs. 6 – 8 LkSG teilen die Lieferkette ein in:

  • Eigene Geschäftsbereiche des Unternehmens
  • Unmittelbare Zulieferer
  • Mittelbare Zulieferer

Das Gesetz unterwirft die Unternehmen einer Reihe von Sorgfaltspflichten (§ 3ff. LkSG). Der Umfang dieser Pflichten hängt ab vom Einfluss auf die Glieder der Lieferkette, der bei mittelbaren Zulieferern geringer ist als im eigenen Geschäftsbereich (§ 3, Abs. 2 LkSG). Grundsätzlich sind aber folgende Maßnahmen einzurichten:

  • Risikomanagement (Risikoanalyse und ihre regelmäßige Durchführung)
  • Festlegung betriebsinterner Zuständigkeiten
  • Abgabe einer Grundsatzerklärung zur Menschenrechtsstrategie
  • Veränderung von Präventionsmaßnahmen
  • Ergreifen von Abhilfemaßnahmen
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens für betriebliche und Hinweisgeber aus unmittelbaren und mittelbaren Zulieferunternehmen
  • Umsetzung von Sorgfaltspflichten bezüglich mittelbarer Zulieferer
  • Dokumentation

Die aufgeführten Maßnahmen sind in §§ 4 – 10 LkSG näher bestimmt. Nach § 10 LkSG haben die Unternehmen jährlich einen Bericht über die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten zu erstellen und zu veröffentlichen. Mindestens ist darzustellen:

  • Welche menschrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken oder Verletzungen festgestellt wurden
  • Welche Maßnahmen das Unternehmen unternommen hat und wie ihre Wirksamkeit zu bewerten ist sowie
  • Welche Schlussfolgerungen daraus für die Zukunft folgen.

Die weiteren Paragrafen regeln die behördliche Kontrolle und Durchsetzung. Die Einhaltung des LkSG erschöpft sich jedoch nicht in der staatlichen Kontrolle. Zusätzlich wurden die Informationsrechte des Wirtschaftsausschusses (§ 106 BetrVG) um einen Punkt 5b erweitert:

  • „Fragen der unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten gemäß dem Lieferkettensorgfaltsgesetz.“

Wirtschaftsausschuss und Betriebsrat können so menschrechtliche oder umweltbezogene Risiken entlang der Lieferketten und ihre Gegenmaßnahmen erkennen. Das ist von Bedeutung, um einem Umwelt- und Sozialdumping entgegentreten zu können.

Das LkSG trat für Unternehmen und Konzerne mit mehr als 3.000 Beschäftigten am 1. Januar 2023 in Kraft, Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten sind ab dem 1. Januar 2024 in der Verantwortung. Ab 2026 müssen dann auch börsennotierte KMU mit mehr als 250 Beschäftigten im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung Angaben zu ihren Lieferketten machen.

EWR-Consulting unterstützt Wirtschaftsausschüsse und Betriebsräte bei der Interpretation und Bewertung der Ergebnisse der Risikoanalyse sowie bei den dabei angewandten Methoden.

Das Lieferkettengesetz kurz im Video erklärt finden Sie hier.