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Digitale Weiterbildung mit Nachholbedarf

Dass die Digitalisierung sämtliche Arbeits- und Lebensbereiche durchdringt und weiter durchdringen wird, ist mittlerweile ein Gemeinplatz. Ohne den Hinweis auf die „Industrie 4.0“ kommt keine Festrede aus. Die Konsequenzen aus dem Vordringen der Digitalisierung werden jedoch mehr beschworen als angegangen. In der betrieblichen Weiterbildung etwa geht es eher gemächlich zu. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, wonach Beschäftigte mit einem hohen Anteil an Routinearbeiten – die nach allgemeiner Ansicht von Computern und digitalen Technologien ersetzt werden können – vergleichsweise selten an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen.[1] Demgegenüber nehmen Beschäftigte mit geringen Routineanteilen deutlich mehr an Weiterbildungsmaßnahmen teil, was vor allem für Informations- und Kommunikationstechnologien gilt.

Die folgende Abbildung lässt die Unterschiede in der Weiterbildungsintensität deutlich erkennen:

Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass individuelle Unterschiede zwischen den Beschäftigten für die Weiterbildungsbeteiligung eine eher untergeordnete Rolle spielen. Das gälte auch für das Qualifikationsniveau der Beschäftigten, das überwiegend für das unterschiedliche Weiterbildungsverhalten angeführt wird: „Für jede Qualifikationsgruppe ist festzustellen, dass Beschäftigte mit hohen Anteilen an Routinetätigkeiten seltener an Weiterbildung teilnehmen als Beschäftigte mit geringeren Anteilen an Routinetätigkeiten.“ Bei den Personen ohne Ausbildung nehmen nur 7% der Beschäftigten mit Tätigkeiten mit hohem Ersetzungsrisiko an Weiterbildung teil. Auf der Suche nach den Gründen stellen die Autoren zunächst fest, dass die Beteiligung an Kursen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien gemessen an der Wichtigkeit, die dem Thema beigemessen wird, vergleichsweise gering ist. Nur 7% aller Beschäftigten haben an entsprechenden Weiterbildungskursen teilgenommen.

[1] IAB, Beschäftigte, deren Tätigkeiten durch Technologien ersetzbar sind, bilden sich seltener weiter, Kurzbericht 16/2019.

Von größerer Bedeutung als individuelle sind betriebliche Faktoren:

  • Bieten die Betriebe überhaupt Weiterbildung an (betriebliche Weiterbildungspolitik)?
  • Werden den einzelnen Beschäftigten konkrete Weiterbildungsangebote gemacht?
  • Übernimmt der Arbeitgeber die Weiterbildungskosten; stellt er die betreffenden Arbeitnehmer für die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen frei?

In ähnliche Richtung geht eine Untersuchung des Branchenverbands BitKom. [2] Danach sind die hauptsächlichen Hindernisse für mehr Weiterbildung:

  • Keine Zeit für Freistellungen (52% der Nennungen)
  • Zu teuer bzw. Budget für Weiterbildungsaktivitäten ist ausgeschöpft (42%)

Was kann dagegen getan werden? Im Berufsbildungsbericht 2019 stellt die Bundesregierung ihre „Nationale Weiterbildungsstrategie“ vor. Darin werden Gewerkschaften und Betriebsräte ausdrücklich aufgefordert, Akzente für eine arbeitsplatzbezogene Weiterbildung zu setzen. Der Staat will dabei unterstützen, insbesondere bei Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU). Es geht nicht nur um Weiterbildungsangebote, sondern auch um die Steigerung der betrieblichen und individuellen Nachfrage nach Weiterbildung.

Unterstützen kann nach Ansicht der IAB-Autoren das seit Jahresbeginn geltende Qualifizierungschancengesetz. Eine knappe Darstellung der Fördermöglichkeiten nach diesem Gesetz findet sich unter: https://www.arbeitsagentur.de/weiterbildung-qualifizierungsoffensive.

Betriebsräte, vor allem in KMU, können in ihren Betrieben für eine Intensivierung der Weiterbildung werben, auf die bestehenden Fördermöglichkeiten hinweisen und die Arbeitsgeber zu konkreten Weiterbildungsangeboten an die Beschäftigten auffordern.

EWR-Consulting unterstützt die Betriebsräte bei der Identifikation von Arbeitsplätzen, die durch die fortschreitende Digitalisierung gefährdet sind, und erarbeitet mit den Betriebsräten geeignete Weiterbildungsstrategien für den Erhalt der betreffenden Arbeitsplätze. Dabei greift nach unserer Auffassung eine betriebliche Strategie, die nur den Erhalt bestehender Arbeitsplätze im Blick hat, jedoch zu kurz. Eine nachhaltige Antwort auf die Digitalisierung erfordert vielfach eine Neuauslegung der Prozesse und womöglich auch der Ausrichtung der Unternehmen. Aufgrund langjähriger Erfahrungen in der Restrukturierungsberatung kann EWR-Consulting hierbei Unterstützung leisten, die die Beschäftigten einbezieht und mitnimmt.

[2] BitKom/TÜV, Weiterbildung für die digitale Arbeitswelt, 2018.